Wie belohne ich mein Pferd mit Magengeschwüren sinnvoll?
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Übergewicht bei Pferden ist keine Seltenheit mehr, ca. 58 % der Pferde sind aktuell übergewichtig - Tendenz steigend. Ein Grund dafür: die verschobene Sichtweise der Besitzer. Ein Pferd dessen Rippen zu sehen sind, gilt oftmals schon als mager, dabei sollten bei einem Pferd mit Idealgewicht die Rippen in Biegung leicht zu sehen sein. Pummelige Ponys gelten als süß - dabei kann Fettleibigkeit, auch Adipositas genannt, zu dramatischen gesundheitlichen Folgen führen.
Heutzutage wird das Futterangebot und das Bewegungspensum durch den Besitzer bestimmt, und nicht mehr durch die Natur, wie es vor der Domestikation der Fall war. Das hat dramatische Folgen. In der Natur waren Pferde meist 16 Stunden am Tag in Bewegung und ernährten sich kontinuierlich mit energiearmen Gräsern. Dagegen sehen wir heute Pferde, die teilweise nur wenige Stunden am Tag auf einem Paddock stehen, der keinen Bewegungsanreiz bietet. Gleichzeitig werden sie mit überdemensionierten Kraftfutterportionen versorgt. Das ist natürlich ein dramatisches Beispiel, aber grundsätzlich liegt hier das Problem. Die Pferde werden mit Energie überversorgt und die Bewegungsanreize werden verringert.
Den Energiebedarf seines Pferdes zu kennen ist wichtig, um eine Futterration zu bestimmen. Gemessen wird die Energieversorgung an dem Erhaltungsbedarf plus die Zulagen für das Training, gestaffelt nach Intensität. Der Bedarf eines 500 kg schweren Warmblüters, der ausgewachsen und gesund ist und ca. eine Stunde pro Tag geritten wird, liegt bei etwa 60 MJ ME (Energie). Heu hat einen durchschnittlichen Energiegehalt von 6 MJ ME/kg. Bist du dir bewusst, dass also bereits mit 10 kg Heu der tägliche Energiebedarf deines Pferdes gedeckt ist?
In der Praxis fällt auf, dass viele Pferdebesitzer den Bedarf ihres Pferdes überschätzen. Dein Pferd braucht meist viel weniger Futter, bzw. Energie, als du glaubst. Treten Energiedefizite durch verstärktes Training auf, kann dies über Kraftfutter ausgeglichen werden. Je mehr Arbeit von einem Pferd verlangt wird, desto höher ist der Anteil des Kraftfutters.
Pferdetypen sind, wie wir Menschen auch, unterschiedliche Futterverwerter. Der eine braucht nur den Grashalm anschauen und nimmt direkt zu, der andere bleibt trotz saftiger Weide gertenschlank. Schlussendlich liegt die Verantwortung bei uns Pferdebesitzern. Schau doch einmal nach, was dein Pferd täglich bekommt und überdenke deine Ration.
Die Definition von Adipositas lautet: Über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Bei einem gesunden Pferd sollte der Anteil des Fettgewebes bei ca. 5 % liegen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine Verfettung zu Leistungsminderungen führt, die Immunabwehr senkt und somit das Infektionsrisiko erhöht und sich die Lebenserwartung verringert
Besonders Robustrassen, die in kargen Umgebungen mit energiearmen Futterangebot lebten sind heute prädisponiert Adipositas zu entwickeln. So sehen wir häufig Pferde und Ponys, die an Hufrehe, einer Insulinresistenz, dem Equine Metabolische Syndrom (EMS) oder dem Equine Cushing Syndrom (ECS) erkranken. Allesamt Wohlstandskrankheiten, die in den häufigsten Fälle fütterungsbedingt entstanden sind. Übergewicht kann sich außerdem auf den Bewegungsapparat auswirken - Beugesehnen und Seitenbändern werden durch das zusätzliche Gewicht überlasten.
Es gibt Anzeichen, die auf eine Fettleibigkeit beim Pferd hinweisen. Bildet sich am Mähnenkamm ein Fettpolster, oder fällt der Mähenkamm gar zu einer Seite? Sind Fettfalten an der Ganasche zu sehen, wenn dein Pferd in Anlehnung geht? Ist das Schulterblatt nicht mehr erkennbar? Bilden sich beim Satteln Speckrollen vor dem Sattellblatt? Siehst du Fettpolster oberhalb der Schweifrübe? Mit großer Sicherheit kannst du davon ausgehen, dass dein Pferd übergewichtig ist.
Um Sicher zu gehen, kannst du dein Pferd auf einer Pferdewaage wiegen lassen oder selber dein Pferd ausmessen. Als Hilfsmittel benötigst du ein flexibles Maßband mit Zentimeterangaben. Du brauchst die Maße des Brustumfanges in der Gurtlage sowie die Länge deines Pferde vom Buggelenk bis zum Sitzbeinhöcker und verwendest die "Carroll und Huntington Formel":
Brustumfang in cm x Brustumfang in cm x Länge in cm) / 11.877 = Gewicht deines Pferdes in Kilogramm
Es ist wichtig, dass Gewicht deines Pferdes zu kennen. Wurmkuren und Sedierungen bedürfen immer einer Gewichtsangabe um die richtige Dosierung zu berechnen. Ebenso ist das Gewicht für die Rationsgestaltung relevant, da zB. die Heumenge pro Tag in kg pro 100 kg Körpergewicht errechnet wird.
Um eine Fettleibigkeit festzustellen, kann der Body Condition Score (BCS) genutzt werden. Die Skalierung erfolgt von 1 ausgehungert, 2 sehr dünn, 3 dünn, 4 mäßig dünn, 5 normal, 6 mäßig dick, 7 dick, 8 fett bis 9 extrem fett. Beurteilt wird das Vorhandensein von Fettpolstern an den Dornfortsätzen, den Rippen, dem Schweifansatzes, den Hüft- und Sitzbeinhöcker, der Knochenstruktur am Widerrist, der Schulter und dem Hals. Neben dem BCS wird aktuell vermehrt der Cresty Neck Score (CNS) verwendet, der das Kammfett beurteilt. Die Skala reicht von 0 kein sichtbarer Kamm bis 5 Kamm fällt permanent auf eine Seite.
Viele Reiter denken, dass ein dicker Bauch gleichzusetzen ist mit einem dicken Pferd. Dem ist aber nicht so: Ein hängender Bauch kann zum einen ein Anzeichen für eine schlechte Rückenmuskulatur, zum anderen kann es auch ein Indiz für einen Heubauch sein. Hat dein Pferd gerade viel schwer verdauliches Futter gefressen, wird dieses, nach der Passage durch Magen und Dünndarm im Dickdarm, aufgeschlossen. Hier finden 130 l Futterbrei Platz, ein erhebliches Volumen, was du dann auch von Außen sehen kannst. Im Normalfall verschwindet dieser Heubauch nach maximal sieben Stunden wieder. Ist dein Pferd sehr häufig aufgebläht solltest du dies von deinem Tierarzt kontrollieren lassen. Es kann ein Hinweis für einen starken Wurmbefall oder Fehlgärungen im Darm sein.
Du solltest dich darauf ein stellen, dass der Abnehmprozess lange dauern wird. Von einer radikalen Diät ist, wie beim Menschen auch, abzuraten. Die Darmmikroben brauchen ihre Zeit sich auf das neue oder andere Futter einzustellen. Ein vollständiger Futterentzug kann dein Pferd erheblich stressen, was wiederum zu Magengeschwüren führen kann.
Um das Pferd wieder in Richtung Idealgewicht zu lenken, empfiehlt es sich das Ziel zu setzen 1 bis 2 % der Körpermasse pro Woche zu verlieren. Hierfür sollte die Futterration 60 bis 70 % des Erhaltungsbedarfes decken um die Fettmobilisation anzuregen.
Um den Strukturbedarf zu decken, sollten ca. 1 kg /100 kg Körpermasse Heu verfüttert werden. Besonders älteres, energiearmes Heu eignet sich hierfür. Um das Fressen über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen, kann das Heu in Heunetzen verfüttert und mit Stroh "gestreckt" werden. Die Kraftfutterration sollte auf das mindeste reduziert, wenn nicht sogar weggelassen, werden. Die meisten Pferde können über Heu, von guter Qualität, ihren Bedarf ausreichend decken. Um die Ration abzurunden kann Eiweiß in Form von Grünmehl oder Luzerne und ein ausgleichend Mineralfutter hinzugegeben werden.
Ist dein Pferd auf der Sommerweide aus allen Nähten geplatzt, solltest du die Weidezeit limitieren. Abhängig von den Gegebenheiten deines Stalles sollten du deinem Pferd eine andere Bewegungsmöglichkeit bieten, zB. ein Sandpaddock. Hier hat es zwar Bewegung aber weniger Gras zu fressen.
Neben der Fütterung bildet die Bewegung die zweite Säule des Diätplanes. Da Pferde sich von Natur aus eher im Schritt bewegen, ist dies auch für deinen Trainingsplan sinnvoll. Baue dein Training langsam auf, damit Sehen, Bänder und Gelenke geschont werden. Hat dein Pferd eine geringe Grundkondition, solltest du mit langem Schrittgehen beginnen und dein Pensum immer weiter steigern. Hierfür eignen sich wunderbar Ausritte oder Spaziergänge. Auch das Mitnehmen als Handpferd ist vorteilhaft, da die Pferde so nicht noch zusätzlich durch das Reitergewicht belastet werden. Achte hierbei aber immer auf deine eigene Sicherheit.
Alternativ zum Reiten kannst du auch Longieren oder Spazieren gehen. Trab und Schritt bringen dein Pferd schneller zum Erfolg als Galopp. Grund hierfür: In der schnelle Gangart werden mehr Kohlenhydrate als Fett verbrannt. Ausdauertraining wiederum fördert den Abbau von Fettdepots.
Gehts es gerade auf den Winter zu? Dann warte doch noch ein bisschen mit dem Eindecken. Pferde verbrennen nämlich Fett um ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. So kann dein Pferd, ohne dein Zutun, direkt ein paar Kilos verlieren.
Im besten Fall haben Pferde ihr Idealgewicht, denn genau wie Fettleibigkeit sind auch magere Pferde einem erhöhten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt. Sie neigen oftmals zu Magen-Darm-Problemen und haben Mangelerscheinungen. Zahnschmerzen, Magengeschwüre oder ein Wurmbefall können die Ursache für die Abmagerung sein. Was du machen kannst, wenn dein Pferd nicht mehr frisst, erfährst du hier!
Wer träumt nicht vom Idealgewicht? Doch sind die Kilos erst einmal drauf, ist es schwer sie wieder loszuwerden. Daher ist Vorsicht wie immer besser als Nachsicht. Gerade bei der Fütterung und dem Bewegungsangebot kannst du als Besitzer großen Einfluss nehmen. Außerdem ist es wichtig seine Augen zu schulen und ein Gefühl dafür zu bekommen, ab wann ein Pferd zu dick ist. Aussagen wie: "Ponys gehören dick", sind einfach nicht richtig und für die Pferde mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden.
Interessieren dich Themen rund um die Pferdefütterung? Wir haben ein Futtermittel-ABC für dich zusammengestellt. Hier erfährst du alles von A bis Z zum Thema Futtermittel.
Auf unserer Themenseite Fütterung von Pferden mit Magenproblemen findest du viele weitere Informationen rund um die Pferdefütterung.
Magenkranke Pferde benötigen zusätzliche Unterstützung. Es ist wichtig zu wissen, welche Futtermittel für dein Pferd geeignet sind und welche eher vermieden werden sollten.
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