Wir Menschen kennen es: Haben wir zu wenig geschlafen, sind wir übermüdet unausgeglichen und reagieren schneller gereizt. Das ist bei Pferden nicht anders. Pferde brauchen über den Tag verteilt um die fünf Stunden Schlaf. Diesen nehmen sie meist nicht am Stück, sondern über den Tag verteilt.
Der Bedarf an Schlaf ist abhängig von der Belastung des Pferdes. Ein trainiertes Vielseitigkeitspferd hat einen höheren Bedarf, als ein freizeitlich gerittenes Pferd. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Pferde ca. fünf Stunden am Tag, in kleinen ca. 20 minütigen Intervallen, schlafen. Sie machen sozusagen einen "Power-Nap". Zusätzlich verbringen Pferde knapp vier Stunden am Tag dösend. Besonders hoch ist das Schlafbedürfnis bei Fohlen. Hier kann von ca. 10 Stunden Schlaf am Tag ausgegangen werden. Also doppelt so viel, wie bei einem ausgewachsenen Pferd.
In der Natur kannst du beobachten, dass nie alle Pferde einer Herde zeitgleich schlafen, sondern immer ein Pferd Wache hält um bei drohender Gefahr die anderen Pferde zu warnen. Außerdem legen sich Pferde nur ab, wenn sie sich wirklich sicher fühlen. Für sie ist es besonders gefährlich sich flach auf die Seite zu legen, da sie so langsamer wieder aufstehen können, sofern eine Gefahr droht. Pferde sind Fluchttiere und in der Wildnis auf eine schnelle Reaktion angewiesen. Dieses Verhalten ist besonders bei Pferden in Gruppenhaltungen zu beobachten. Rangniedrige lege sich selten bis nie ab, da sie vor Ranghohen flüchten. Bei älteren Pferden fällt ebenfalls auf, dass sie sich seltener hinlegen. Das kann daran liegen, dass sie Schwierigkeiten haben sich hinzulegen und wieder aufzustehen.
Knapp vier Stunden des Tages verbringen Pferde dösend. Als Dösen wird das Stadium zwischen Wachen und Schlafen definiert und erfolgt im Stehen. Pferde sind von Natur aus mit einer Spannsägenkonstruktion ausgestattet. Diese Konstruktion ermöglicht es dem Pferd, dass die Kniescheibe über den Oberschenkelknochen gelegt wird, sodass das Kniegelenk fixiert wird. Die Folge: Das Pferd kann sicher im Schlaf stehen.
Der SWS-Schlaf (Slow-Wave-Schlaf) zeichnet sich durch eine verlangsamte Atemfrequenz und Herzschlag aus. Pferde können diese Art von Schlaf im Stehen und Liegen vollziehen. Das Liegen erfolgt hierbei in einer Brustlage ohne das der Kopf flach auf dem Boden liegt. Im Stehen sind das Absenken des Kopfes sowie das Schließen der Augen und das Ruhen eines Hinterbeines Anzeichen für die SWS-Phase. Kleinste Geräusche oder Bewegung lassen Pferde aus dem SWS-Schlaf erwachen.
Der REM-Schlaf bezeichnet die Tiefschlafphase, in der Kreislauf und Atmung verlangsamt werden. Pferde legen sich dafür flach auf den Boden. Diese Form des Schlafes ist besonders erholsam für die Muskulatur des Pferdes, da diese nahezu vollständig erschlafft. Das Rapid Eye Movement (REM) lässt sich unter den Augenlidern als schnelle Augenbewegung erkennen. In dieser Phase träumen Pferde viel, sodass sie Erlebnisse besonders gut verarbeiten können.
Für einen Schlafmangel kommen verschiedene Ursachen in Betracht. Eine zu kleine Liegeflächen kann dein Pferd hindern, sich gemütlich hinzulegen, sodass es keine Tiefschlafphase hat, das kann in der Box aber auch im Offenstall passieren. Ist dein Pferd vielleicht rangniedrig und wird von ranghohen Tieren von der Liegefläche verscheucht? Die Individualdistanz zwischen zwei Pferden sollte immer gewahrt werden, sodass die Liegefläche im Offenstall mindestens 10 m2 pro Pferd und eine Box mindestens (2x Wiederristhöhe)2 groß sein sollte. Ein weiterer Aspekt kann das Einstreumaterial sein. Kann sich das Pferd nicht sicher ablegen? Ist die Einstreu feucht? Ist nicht ausreichend Einstreumaterial vorhanden?
Ein Hauptgrund für Schlafmangel ist ein unruhiges Stallklima. Hierzu tragen Unruhen zwischen Boxennachbarn, ein dudelndes Stallradio oder Besucher der Stallgasse, bei. Auch eine heterogene Gruppe in einer Offenstallhaltung kann für Unruhe in der Herde sorgen. Ein weiterer Grund können lange Reisen oder Turnierübernachtungen sein. Das Schlafen in ungewohnter Umgebung kann für viele Pferde Stress bedeuten.
Schläft ein Pferd ein paar Tage nicht seine gewohnten fünf Stunden, muss dies nicht direkt negative Folgen haben. Dennoch sollte beobachtet werden, wieso das Pferd nicht in den Schlaf findet. Hier kann einem die Optik der Box helfen. Ist die Box auffällig durchwühlt? - Ja? Dann kann dies ein Indiz für eine unruhige Nacht sein.
Hast du dein Pferd in Verdacht, unter Schlafmangel zu leiden, bist aber nicht 24 Stunden vor Ort um es zu beobachten? Hier kannst du dir die Funktion einer Überwachungskamera zu nutze machen. Diese Methode solltest du natürlich mit dem Stallbesitzer und den anderen Einstellern absprechen. Zeigen die Kameraaufzeichnungen, dass dein Pferd wirklich nicht zur Ruhe kommt, ist es wichtig den oder die Auslöser zu finden und wenn möglich zu entfernen. Der Wechsel in eine größere Box oder neben eine anderes Pferd, kann schon ausreichen, deinem Pferd wieder Erholung zu verschaffen.
Pferde gähnen nicht nur wenn sie müde sind. Es kann ein Anzeichen für Schmerz, Überforderung oder Stress sein. Morgendliches Gähnen ist absolut normal und nicht besorgniserregend. Gähnt dein Pferd allerdings alle paar Minuten solltest du einen Tierarzt zu Rate ziehen, denn dies ist ein Symptom für Magengeschwüre. Hier haben wir dir eine Liste der typischen Symptome zusammengestellt, die auf Magenprobleme hindeuten.
Schläft das Pferd über einen längeren Zeitraum schlecht, kann dies zu chronischen Schlafstörungen führen, die sich auf die Psyche des Tieres auswirken. Schlafmangel führt zu Stress und zu Unachtsamkeit, die in vielen Fällen in Unfällen oder Verletzungen enden. Typische Verletzungen sind Abschürfungen an den Vorderfußwurzelgelenken oder an den Fesselköpfen. Oftmals werden Verletzungen am Kopf und an der Lippe festgestellt, da Pferde müde in sich zusammensacken und sich an der Boxeneinrichtung verletzen.
Schlafmangel äußert sich oftmals in einem veränderten Verhalten der Pferde. Sie sind unruhiger, reagieren aggressiver und sind schreckhafter. Stress steigert außerdem die Magensäureproduktion, sodass Magenschleimhautläsionen und Magengeschwüren entstehen können. Zusätzlich steigt die Anfälligkeit für Koliken. Ein dauerhafter Schlafmangel kann auch noch zu anderen gesundheitlichen Problemen führen, da das Immunsystem leidet.
Schlaf ist bei Pferden, wie bei Menschen, elementar wichtig. Nur ausgeschlafen kann sich der Organismus regenerieren. Sind Pferde aufgrund von Schlafmangel unkonzentriert, können schlimme Verletzungen und Unfälle passieren. Zusätzlich führt ein Schlafentzug zu Stress, der die Magensäureproduktion erhöht und somit Läsionen und Magengeschwüre begünstigt. Hier erfährst du, welche Auswirkungen Stress noch auf dein Pferd haben kann. Es ist wichtig, dein Pferd genau zu beobachten und Veränderungen im Gemüt zu analysieren. Manchmal hilft schon ein anderes Einstreumaterial oder eine größere Box, um dem Pferd zu seinem wohlverdienten Schlaf zu verhelfen.
Dich interessiert, warum Pferde zu Stress neigen und was Du tun kannst, um sie vor stressigen Situationen zu bewahren? Lies auf unserer Übersichtsseite zum Thema Stress unter anderem über die 5 Freiheiten zur Analyse von Stressauslösern.