Bereits vor etwa 10.000 Jahren begannen Menschen Gerste im Vorderen Orient sowie in Zentralasien zu domestizieren. Diese Getreideart, die, wie Hafer und Mais, zur Familie der Süßgräser zählt, ist somit die älteste kultivierte Getreideart. Auch in Europa fingen die Menschen etwa 2.000 bis 3.000 Jahre später an, Gerste zum menschlichen Verzehr anzubauen.
Für das Vieh wurde Gerste allerdings erst seit dem letzten Jahrhundert gezielt verwendet. Mittlerweile findet man Gerste in den Zutatenlisten der meisten getreidehaltigen Müslis sowie in vielen Ställen häufig auf den Futterplänen als Ergänzung zu Hafer. Letzterer ist bekannt als das Pferdegetreide schlechthin!
Vergleichen wir ganzen Hafer und Gerste als Kraftfuttermittel für Pferde, hat der Hafer ganz eindeutig die Nase vorne. Zwar hat Gerste mit 11,9 MJ ME (umsetzbare Energie) einen höheren Energiegehalt als Hafer mit 10,5 MJ ME. Jedoch hat Hafer weichere und größerer Körner als Gerste, wodurch diese besser vom Pferd gekaut und aufgeschlossen werden können. Das Gerstenkorn ist kleiner und hat zudem eine wesentliche härtere Schale als das Haferkorn und kann somit nur schwer von den Pferdezähnen zermahlen werden. Dies führt neben der Stärkestruktur, die die Gerste enthält, dazu, dass die Dünndarmverdaulichkeit der Gerste mit 22 % etwa ein Viertel der Verdaulichkeit des Hafers mit 85 %, beträgt.
Dies bedeutet zum einen, dass das Pferd, um den Organismus mit der gleichen Menge an Energie zu versorgen, etwa vier mal so viel Gerste wie Hafer aufnehmen müsste. Zum anderen würde der Großteil der Gerste unverdaut in den Dickdarm gelangen und dort von den Mikroben verdaut werden. Da diese aber nicht darauf ausgelegt sind, große Mengen an Stärke zu verdauen, würde es zu massiven Verschiebungen der Dickdarmmikroben und somit zu einem Ungleichgewicht der Darmflora kommen.
Für Pferde, die Probleme mit Mais oder eine Unverträglichkeit gegenüber Hafer haben, bietet sich Gerste als Kraftfutter an. Ebenfalls häufig zu finden ist eine kombinierte Fütterung von Hafer und Gerste. Diese Kombination ist insofern vorteilhaft, als dass der Hafer ein verhältnismäßig schneller Energielieferant ist und die Gerste über einen längeren Zeitraum Energie liefert, da die Energie aus der Gerste nicht so schnell vom Organismus des Pferdes aufgenommen werden kann wie die des Hafers.
Wie bereits erwähnt, hat Gerste im unbearbeiteten Zustand eine sehr geringe präcaecale Stärkeverdaulichkeit, was zu Dysbalancen der Darmflora und letztlich zu weiteren Darmproblemen und Verdauungsstörungen führen kann. Aus diesem Grund muss Gerste, bevor sie verfüttert wird, bearbeitet werden. Wird Gerste geschrotet, steigt die Dünndarmverdaulichkeit auf ca. 50 %. Bei gequetschter Gerste steigt der Wert bereits auf 75 %. Wird die Gerste hydrothermisch behandelt, erreicht sie eine präcaecale Verdaulichkeit von bis zu 90 %, womit diese sogar über der von Hafer liegt.
Ob man seinem Pferd besser Hafer oder Gerste füttert, sollte man pferdeindividuell entscheiden. Für Hafer spricht, dass dieser problemlos unbearbeitet verfüttert werden kann, somit lange lagerfähig und haltbar ist, gut für das Pferd verdaulich und in seiner Zusammensetzung unter allen Getreidesorten einzigartig ist. Zudem haben die zwei- bis mehrfach ungesättigten Fettsäuren einen positiven Effekt auf die Gesundheit des Pferdes.
Gerste hingegen sollte optimalerweise nur hydrothermisch aufgeschlossen ans Pferd verfüttert werden. Hierbei kann sie allerdings höhere Verdaulichkeiten als Hafer erreichen und liefert zudem über einen längeren Zeitraum Energie. Für Pferde, die Hafer nicht vertragen, ist Gerste daher eine gute Alternative.
Auf unserer Themenseite Fütterung von Pferden mit Magenproblemen findest du viele weitere Informationen rund um die Pferdefütterung.
Magenkranke Pferde benötigen zusätzliche Unterstützung. Es ist wichtig zu wissen, welche Futtermittel für dein Pferd geeignet sind und welche eher vermieden werden sollten.