Was ist die Ursache für Kotwasser und Blähungen beim Pferd?
3 Min. Lesezeit
Audioversion – diesen Beitrag einfach anhören
Klassische Symptome einer gestörten Darmflora beim Pferd sind Kotwasser und Durchfall. Das schnell empfohlene Mittel der Wahl ist dann die "Darmsanierung". Was das genau ist, ob und wie wir diese Darmsanierung unterstützen können und was die Darmflora überhaupt stören kann, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.
Genau wie wir Menschen gehören auch Pferde zu den Monogastriern. Dies sind Lebewesen, die nur einen Magen besitzen. Dem gegenüber stehen die Polygastrier, zu denen die Wiederkäuer, also Kühe, Schafe, Ziegen, Rehe etc. gehören. Diese sind in der Lage, im Pansen, einer ihrer vier Mägen, Zellulose (pflanzliche Faser) zu spalten.
Nicht allen Monogastrier ist es möglich, Zellulose aufzuschließen. Hierzu gehören z.B. Menschen und Hunde. Deshalb können wir mir Gras oder sogar Heu nicht besonders viel anfangen.
Diejenigen Monogastrier, die Zellulose spalten können, tun dies im Dickdarm, genauer gesagt in ihrem Blinddarm. Zu diesen Monogastriern zählen unter anderem Pferde. Da alle Wirbeltiere, also sowohl Mono- als auch Polygastrier, kein Enzym besitzen, welches Zellulose spaltet, sind sie bei der Zelluloseverdauung auf die Hilfe von Mikroorganismen angewiesen, um die in der Zellulose enthaltene Energie nutzen zu können.
Das Pferd gewinnt den Großteil der Energie aus seiner Nahrung durch die Mikroorganismen in Blind- und Dickdarm.
Neben der Nahrungsverwertung hat die Darmflora weitere wichtige Aufgaben:
Eine starke und gesunde Darmflora lässt keinen Platz für die Ansiedlung sogenannter pathogener (schädlicher) Keime.
Die Wanderung schädlicher Keime aus dem Darm in die Blutbahn oder gar Lymphbahn wird durch eine gesunde Darmflora reduziert. Hierdurch sinkt das Infektionsrisiko.
Die Darmflora kann toxische Substanzen bilden, die das Wachstum pathogener Keime direkt einschränken können. Zudem nimmt ein ausgeprägtes Mikrobiom schädlichen Keimen die Nährstoffe weg.
Die Mikroorganismen leben in einer Symbiose mit ihrem Wirt, d.h. mit dem Pferd. Genauer gesagt leben diese sogenannten Mikroben im Blinddarm des Pferdes, welcher einen Teil des Dickdarms ausmacht. Diese Art der Symbiose, bei der der eine Partner (Endosymbiont) im Körper des anderen Partners (Wirt) lebt, wird als Endosymbiose bezeichnet. Diese Endosymbiose ist sowohl für das Pferd als auch für die Darmmikroben, die viele unter dem Begriff Darmflora kennen, überlebenswichtig.
Und da die Darmflora für das Pferd so essentiell ist, ist es wichtig, das Pferd dem Bedarf entsprechend so zu füttern, dass auch die Darmflora stets gut versorgt und somit im Gleichgewicht ist.
Die Darmflora besteht aus verschiedenen Bakterien, Pilzen, Viren und sogar Würmern. Ist sie im Gleichgewicht, erfüllen sie ihre Aufgaben und sorgen für eine gute Nahrungsverwertung und ein starkes Immunsystem. Gerät dieses Gleichgewicht durcheinander, kann das drastische Folgen haben.
Das Gleichgewicht des Mikrobioms im Darm wird zum großen Teil durch die Fütterung bestimmt. Einerseits müssen die Mikroorganismen ernährt werden, wofür sie neben Stärke und Faser auch Mineralstoffe benötigen. Andererseits können toxische Stoffe im Futter, zum Beispiel in verschimmeltem Heu, Probleme im Darm oder in anderen Organen wie der Leber verursachen, die wiederum das Darmmilieu beeinflussen.
Zu wenig Raufutter
Erhalten Pferde beispielsweise zu wenig Raufutter, kann der Bedarf an Zellulose nicht gedeckt werden, was dazu führt, dass auch die positiven zelluloseverdauenden Mikroben im Blinddarm zu wenig Nahrung erhalten und infolge dessen absterben. Dies führt zum einen dazu, dass sich das Verhältnis der im Darm lebenden Bakterien verschiebt und somit die gesamte Darmflora aus dem Gleichgewicht gerät.
Zum anderen werden durch das Absterben der Mikroorganismen Endotoxine freigesetzt, welche über die Darmschleimhaut in die Blutbahn des Pferdes gelangen und im schlimmsten Fall Hufrehe auslösen können.
Zu viel Kraftfutter
Aber nicht nur eine unzureichende Raufuttermenge kann das Gleichgewicht der Darmflora stören, sondern auch zu hohe Kraftfuttermengen. Diese führen dazu, dass unerwünschte Darmmikroben mehr Nahrung erhalten und sich somit stärker ausbreiten.
Medikamente
Medikamente, wie beispielsweise Antibiotika, sorgen dafür, dass einerseits Bakterien, die Entzündungen oder Krankheiten auslösen, abgetötet werden, aber da diese Medikamente nicht zwischen den Bakterien differenzieren, führt dies meist auch dazu, dass gleichzeitig nützliche Darmbakterien absterben und somit nicht mehr für die Verdauung im Dickdarm zur Verfügung stehen. Folglich wird dadurch die Verdauung der Rohfaser im Dickdarm beeinträchtigt.
Auch Konservierungsmittel und andere Stoffe im Futter können den Darm belasten.
Stress & zu wenig Erholung
Unpassende oder unzureichende Fütterung wird wissenschaftlich zwar ebenfalls als 'Stress' für das Pferd angesehen, hinzu kommen aber auch fütterungsunabhängige Stressfaktoren. Dazu gehören Transport, Probleme in der Herde, aber auch große Hitze und unzureichende Erholung nach intensiven Anstrengungen.
Zu viel Säure
Ein weiterer Auslöser einer gestörten Darmflora können Magengeschwüre bzw. genauer gesagt ein übersäuerter Magen sein. Gelangt zu viel überschüssige Säure bzw. ein zu saurer Futterbrei vom Magen in den Darm, führt dies zu einer Dickdarmacidose. Da die Bakterien im Darm ein zu saures Milieu nicht vertragen, führt ein dauerhaft übersäuerter Darm zu einem Absterben der Darmbakterien und somit zu einer gestörten Darmflora.
Welche Mikroorganismen sich im Darm ansiedeln, bestimmt das Milieu im Darm. Bei einem zu sauren, nährstoffarmen oder belasteten Darm, können sich unerwünschte, krankmachende Keime und Bakterien oder Pilze stärker vermehren. Zu den Stoffwechselprodukten dieser unerwünschten Mikroorganismen gehören unter anderem Alkohole und Biogene Amine, welche über die Leber des Pferdes abgebaut werden müssen. Da die Leber hierdurch stark belastet werden kann, sind mögliche Folgen unter anderem Hufrehe, angelaufene Beine oder allergische Reaktionen, wie z.B. Ekzem.
Zu wenig Säure
Aber auch die Behandlung eines Magengeschwürs mit Protonenpumpenhemmern kann einen negativen Einfluss auf den Darm haben. Denn diese sorgen dafür, dass bis zu 99 % weniger Magensäure produziert wird. Da eine wesentliche Aufgabe der Magensäure die Abtötung, der mit dem Futter aufgenommenen Keime, ist, werden diese bei einer Hemmung der Magensäureproduktion nicht mehr abgetötet und gelangen so weiter in den Darm. Da der Darm ein hervorragendes Milieu für Bakterien ist, können diese sich hier ansiedeln und weiter ausbreiten, wodurch es zu einer Verdrängung der erwünschten, nützlichen Darmmikroben kommt. Die Darmflora gelangt so aus dem Gleichgewicht und das Pferd kann die Rohfaser aus der aufgenommenen Nahrung nicht mehr effizient verdauen.
Eine gestörte Darmflora kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden.
Eine plötzliche Futterumstellung kann die Darmflora eines Pferdes erheblich beeinflussen. Wenn ein Pferd abrupt von einem Futter auf ein anderes umgestellt wird, kann dies zu einer drastischen Veränderung der Bakterienpopulation im Darm führen. Dies kann Verdauungsprobleme und andere gesundheitliche Beschwerden zur Folge haben. Auch andere Veränderungen im Lebensstil des Pferdes, wie ein Wechsel des Stallplatzes oder eine Änderung des Bewegungsmusters, können die Darmflora beeinflussen. Es ist daher wichtig, solche Umstellungen schrittweise und behutsam vorzunehmen, um das Mikrobiom des Darms nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Süßstoffe und andere schädliche Substanzen in der Nahrung können die Darmflora eines Pferdes negativ beeinflussen. Süßstoffe können die Bakterienpopulation im Darm verändern und zu Verdauungsproblemen führen. Auch andere schädliche Substanzen, wie Konservierungsmittel und Farbstoffe, können die Darmflora beeinträchtigen. Es ist daher ratsam, auf natürliche und hochwertige Futtermittel zu setzen, die frei von solchen Zusätzen sind, um die Darmgesundheit des Pferdes zu unterstützen.
Spurenelemente spielen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit eines Pferdes. Ein Mangel an bestimmten Spurenelementen kann die Darmflora beeinträchtigen und zu gesundheitlichen Problemen führen. Ein Beispiel hierfür ist der Mangel an Vitamin K, der zu Kotfressen führen kann. Es ist daher wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, die alle notwendigen Spurenelemente enthält, um die Darmfunktion und die allgemeine Gesundheit des Pferdes zu unterstützen.
Wie sich eine gestörte Darmflora äußert, kann ganz unterschiedlich sein. Dadurch, dass das Futter nicht mehr vernünftig verdaut wird, kann es zu Blähungen oder zu Kotwasser bis hin zu Durchfall kommen. Der Kot riecht meist unangenehm und Krämpfe im Darm oder sogar akute Koliken sind keine Seltenheit.
Diese Anzeichen können aber auch auf Magengeschwüre hindeuten. Daher sollte man auf Ursachenforschung gehen und das Pferd bei bestehenden Anzeichen für Magen- oder Darmprobleme als Ganzes betrachten und schauen, ob es weitere Symptome, wie beispielsweise Koppen, Flehmen oder Sattelzwang gibt, die auf ein Magengeschwür hindeuten können.
Möglicherweise ist die Darmflora infolge eines Magengeschwürs aus dem Gleichgewicht geraten. Dass sich infolge eines Magengeschwürs und der damit häufig einhergehenden Dysbalance der Darmflora auch Darmgeschwüre entwickeln können, ist nicht unwahrscheinlich, denn ein übersäuerter Darminhalt bringt nicht nur die Darmflora aus dem Gleichgewicht, er schädigt auch die Darmschleimhaut. Daher können die Symptome sowohl auf den Magen als auch gleichzeitig auf den Darm als Ursache hinweisen. Aber auch zu wenig Heu und damit verbunden zu wenig Nahrung für die faserverdauenden Darmmikroben bringen die Darmflora aus dem Gleichgewicht.
Eine Darmsanierung beim Pferd ist keine aktive Therapie, sondern eher ein Vermeiden der Ursachen. Der Darm bzw. das Mikrobiom im Darm saniert sich von ganz allein, wenn die Randbedingungen stimmen. Es geht also vor allem darum, diese Bedingungen herzustellen.
In allen Fällen ist hochwertiges Heu in ausreichender Menge die Voraussetzung für eine erfolgreiche Darmsanierung. Fresspausen sollten auf zwei bis maximal vier Stunden verkürzt werden.
Im Zweifel kann eine Heuanalyse wichtige Erkenntnisse liefern. Nicht jede Belastung des Raufutters ist von außen zu sehen.
Ergänzend können hochwertige Heucobs den Futterplan unterstützen. Achte hier auf geprüfte Qualität.
Ein gutes Mineralfutter unterstützt die erwünschten Mikroorganismen im Darm.
Verzichte auf jegliche Konservierungsstoffe und Süßungsmittel.
Daher sollte bereits während einer Medikamentengabe, auch bei der Behandlung von Magengeschwüren mit Protonenpumpenhemmern, begonnen werden, den Pferdedarm zu sanieren, um das Pferd dabei zu unterstützen, schnell wieder einen gesunden, widerstandsfähigen Darm aufzubauen.
Ob Probiotika bei Pferden sinnvoll eingesetzt werden können, ist in der Wissenschaft noch umstritten (siehe hierzu: The Role of Yeast Saccharomyces cerevisiae in Supporting Gut Health in Horses: An Updated Review on Its Effects on Digestibility and Intestinal and Fecal Microbiota)
Für Pferde zugelassen ist nur Lebendhefe, Saccharomyces Cerevisiae.
Dieser Überblick aus dem Jahr 2022 zeigt anhand zahlreicher verfügbarer Studien, dass der Einsatz von Probiotika, speziell der Lebendhefe Saccharomyces Cerevisiae, keinen Einfluss hatte auf Pferde, die bereits eine raufutter-reiche Diät bekamen, und einen leicht positiven Effekt auf Pferde, die eine Diät mit höherem Kraftfutteranteil erhielten.
Auf unserer Themenseite findest Du viele weitere Informationen und Links zum Thema Magengeschwür beim Pferd. Auch die Möglichkeiten hinsichtlich Prävention von Magengeschwüren bei Pferden werden hier beschrieben.
Equine 74 Gastric
Puffert überschüssige Säure im Pferdemagen, anstatt sie zu blockieren.
Equine 74 Stomach Calm Relax