Wie deute ich das Verhalten meines Pferdes?
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Genau wie wir Menschen gehören auch Pferde zu den Monogastriern. Dies sind Lebewesen, die nur einen Magen besitzen. Dem gegenüber stehen die Polygastrier, zu denen die Wiederkäuer, also Kühe, Schafe, Ziegen, Rehe etc. gehören. Diese sind in der Lage, im Pansen, einer ihrer vier Mägen, Zellulose (pflanzliche Faser) zu spalten.
Nicht allen Monogastrier ist es möglich, Zellulose aufzuschließen. Hierzu gehören z.B. Menschen und Hunde. Diejenigen Monogastrier, die Zellulose spalten können, tun dies im Dickdarm, genauer gesagt in ihrem Blinddarm. Zu diesen Monogastriern zählen unter anderem Pferde. Da alle Wirbeltiere, also sowohl Mono- als auch Polygastrier, kein Enzym besitzen, welches Zellulose spaltet, sind sie bei der Zelluloseverdauung auf die Hilfe von Mikroorganismen angewiesen, um die in der Zellulose enthaltene Energie nutzen zu können.
Die Mikroorganismen leben in einer Symbiose mit ihrem Wirt, d.h. mit dem Pferd. Genauer gesagt leben diese sogenannten Mikroben im Blinddarm des Pferdes, welcher einen Teil des Dickdarms ausmacht. Diese Art der Symbiose, bei der der eine Partner (Endosymbiont) im Körper des anderen Partners (Wirt) lebt, wird als Endosymbiose bezeichnet. Diese Endosymbiose ist sowohl für das Pferd als auch für die Darmmikroben, die viele unter dem Begriff Darmflora kennen, überlebenswichtig.
Erhalten Pferde beispielsweise zu wenig Raufutter, kann der Bedarf an Zellulose nicht gedeckt werden, was dazu führt, dass auch die positiven zelluloseverdauenden Mikroben im Blinddarm zu wenig Nahrung erhalten und infolge dessen absterben. Dies führt zum einen dazu, dass sich das Verhältnis der im Darm lebenden Bakterien verschiebt und somit die gesamte Darmflora aus dem Gleichgewicht gerät.
Zum anderen werden durch das Absterben der Mikroorganismen Endotoxine freigesetzt, welche über die Darmschleimhaut in die Blutbahn des Pferdes gelangen und im schlimmsten Fall Hufrehe auslösen können.
Aber nicht nur eine unzureichende Raufuttermenge kann das Gleichgewicht der Darmflora stören, sondern auch zu hohe Kraftfuttermengen. Diese führen dazu, dass unerwünschte Darmmikroben mehr Nahrung erhalten und sich somit stärker ausbreiten.
Medikamente, wie beispielsweise Antibiotika, sorgen dafür, dass einerseits Bakterien, die Entzündungen oder Krankheiten auslösen, abgetötet werden, aber da diese Medikamente nicht zwischen den Bakterien differenzieren, führt dies meist auch dazu, dass gleichzeitig nützliche Darmbakterien absterben und somit nicht mehr für die Verdauung im Dickdarm zur Verfügung stehen. Folglich wird dadurch die Verdauung der Rohfaser im Dickdarm beeinträchtigt.
Ein weiterer Auslöser einer gestörten Darmflora können Magengeschwüre bzw. genauer gesagt ein übersäuerter Magen sein. Gelangt zu viel überschüssige Säure bzw. ein zu saurer Futterbrei vom Magen in den Darm, führt dies zu einer Dickdarmacidose. Da die Bakterien im Darm ein zu saures Milieu nicht vertragen, führt ein dauerhaft übersäuerter Darm zu einem Absterben der Darmbakterien und somit zu einer gestörten Darmflora.
Welche Mikroorganismen sich im Darm ansiedeln, bestimmt das Milieu im Darm. Bei einem zu sauren, nährstoffarmen oder belasteten Darm, können sich unerwünschte, krankmachende Keime und Bakterien oder Pilze stärker vermehren. Zu den Stoffwechselprodukten dieser unerwünschten Mikroorganismen gehören unter anderem Alkohole und Biogene Amine, welche über die Leber des Pferdes abgebaut werden müssen. Da die Leber hierdurch stark belastet werden kann, sind mögliche Folgen unter anderem Hufrehe, angelaufene Beine oder allergische Reaktionen, wie z.B. Ekzem.
Aber auch die Behandlung eines Magengeschwürs mit Protonenpumpenhemmern kann einen negativen Einfluss auf den Darm haben. Denn diese sorgen dafür, dass bis zu 99 % weniger Magensäure produziert wird. Da eine wesentliche Aufgabe der Magensäure die Abtötung, der mit dem Futter aufgenommenen Keime, ist, werden diese bei einer Hemmung der Magensäureproduktion nicht mehr abgetötet und gelangen so weiter in den Darm. Da der Darm ein hervorragendes Milieu für Bakterien ist, können diese sich hier ansiedeln und weiter ausbreiten, wodurch es zu einer Verdrängung der erwünschten, nützlichen Darmmikroben kommt. Die Darmflora gelangt so aus dem Gleichgewicht und das Pferd kann die Rohfaser aus der aufgenommenen Nahrung nicht mehr effizient verdauen.
Wie sich eine gestörte Darmflora äußert, kann ganz unterschiedlich sein. Dadurch, dass das Futter nicht mehr vernünftig verdaut wird, kann es zu Blähungen oder zu Kotwasser bis hin zu Durchfall kommen. Der Kot riecht meist unangenehm und Krämpfe im Darm oder sogar akute Koliken sind keine Seltenheit.
Diese Anzeichen können aber auch auf Magengeschwüre hindeuten. Daher sollte man auf Ursachenforschung gehen und das Pferd bei bestehenden Anzeichen für Magen- oder Darmprobleme als Ganzes betrachten und schauen, ob es weitere Symptome, wie beispielsweise Koppen, Flehmen oder Sattelzwang gibt, die auf ein Magengeschwür hindeuten können.
Möglicherweise ist die Darmflora infolge eines Magengeschwürs aus dem Gleichgewicht geraten. Dass sich infolge eines Magengeschwürs und der damit häufig einhergehenden Dysbalance der Darmflora auch Darmgeschwüre entwickeln können, ist nicht unwahrscheinlich, denn ein übersäuerter Darminhalt bringt nicht nur die Darmflora aus dem Gleichgewicht, er schädigt auch die Darmschleimhaut. Daher können die Symptome sowohl auf den Magen als auch gleichzeitig auf den Darm als Ursache hinweisen. Aber auch zu wenig Heu und damit verbunden zu wenig Nahrung für die faserverdauenden Darmmikroben bringen die Darmflora aus dem Gleichgewicht.
Bei einer offensichtlich gestörten Darmflora sollte man als Pferdebesitzer nicht ewig abwarten, bis sich das Problem von alleine löst. Zwar sind die Darmmikroben bei einer rohfaserreichen, nährstoffbedarfsdeckenden Fütterung in der Lage, sich selbst zu regenerieren, jedoch geschieht dies nicht innerhalb weniger Tage. Zudem kommen häufig weitere negative Faktoren hinzu, die es den Darmbakterien erschweren, sich schnell selbst zu erholen und somit rasch wieder zuverlässig für ihren Wirt, dem Pferd, zu arbeiten.
Daher sollte bereits während einer Medikamentengabe, auch bei der Behandlung von Magengeschwüren mit Protonenpumpenhemmern, begonnen werden, den Pferdedarm zu sanieren, um das Pferd dabei zu unterstützen, schnell wieder einen gesunden, widerstandsfähigen Darm aufzubauen.
Hierfür empfehlen sich Probiotika. Dies sind spezielle Bakterienkulturen, welche einen positiven Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmflora haben. Mithilfe dieser Bakterien kann das natürliche Gleichgewicht der nützlichen Darmmikroben wiederhergestellt werden. Da die Lebensdauer der Probiotika im Darm des Pferdes allerdings begrenzt ist, sollten diese dem Pferd während des Zeitraums der Darmsanierung regelmäßig über das Futter zugeführt werden. Um den Darmaufbau des Pferdes zu unterstützen, gibt es mittlerweile verschiedene Ergänzungsfuttermittel unterschiedlicher Pferdefutterhersteller. Unterandere, kann auch Lebendhefe einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit haben.
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