Hängen Koliken und Magenschleimhautläsionen beim Pferd zusammen?
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Magengeschwüre beim Pferd werden häufig nach ihrem Schweregrad oder der Lokalisation differenziert. Die meisten Magengeschwüre treten im drüsenlosen Teil des Pferdemagens auf, besonders schwer zu diagnostizieren sind Magengeschwüre am Pylorus, dem Magenausgang.
Ulzerative Magenschleimhautläsionen bei Pferden werden in der Veterinärmedizin schon seit vielen Jahren erforscht. Reizungen an der oberen, drüsenlosen (kutan) Schleimhaut des Pferdemagens sind dabei weit besser untersucht, als die der unteren, drüsenhaltigen (glandulär) Magenschleimhaut.
Forscher stehen immer wieder vor der Frage: Was ist die Ursache für die Entstehung von Magengeschwüren am Magenausgang (Antrum pyloricum, kurz Pylorus) beim Pferd?
In der wissenschaftlichen Studie "Prävalenz und Risikofaktorenanalyse von Magenschleimhautläsionen im Bereich des Pylorus des Pferdes", verfasst von Katharina Maria Ehlers, im Jahre 2017 in Leipzig, werden die Hintergründe der Entstehung von Ulzera am Magenausgang genauestens beleuchtet.
Magengeschwüren werden heutzutage unter dem Begriff Equine Gastric Ulcer Syndromes (EGUS) zusammengefasst. Ehlers beschreibt die Unterscheidung zwischen Schädigungen der drüsenlosen Schleimhaut (Equine Squamous Gastric Disease, ESGD) und der drüsenhaltigen Schleimhaut (Equine Glandular Gastric Disease, EGGD). Im Literaturteil der Studie gibt die Autoren viele Hintergrundinformationen über die Anatomie des Pferdemagens sowie die Schutzmechanismen der Magenschleimhaut. Außerdem werden die möglichen Risikofaktoren, Alter, Geschlecht, Rasse, Fütterung, Haltung und Leistung aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet und diskutiert.
Besonders Rennpferde sind häufig von Magenschleimhautläsionen betroffen. Murray et al. (1996) zeigten in einer Studie, dass aktive Rennpferde häufiger Befunde aufwiesen, als noch nicht in Rennen gelaufene Pferde. Auch bei Distanzpferden, die auf Höchstleistung trainiert werden, fanden Tamzali et al. (2011) einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Trainingsintensität und dem Vorkommen von Magenschleimhautreizungen. Dies lässt darauf schließen, dass ein hohes Leistungsniveau einen Einfluss auf die Entstehung von Magenulzera bei Pferden hat. Ziel dieser Studie ist es, die Prävalenz von EGGD am Pylorus zu erforschen und den Risikofaktor Leistung als solchen zu erkennen.
Für die Studie wurden zwischen 2004 und 2013 315 Pferde an der Medizinischen Tierklinik der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig gastoskopisch untersucht. Um eine Veränderung der Geschwüre beobachten zu können, wurde eine Verlaufsuntersuchung ausgewählt, sprich es wurden zu mehreren Zeitpunkten Untersuchungen vorgenommen. Pferde jeden Geschlechtes, diverser Rassen (Größter Anteil n=214 Warmblüter) und unterschiedlichen Alters waren vertreten.
263 Pferde wurden, entsprechend der Angaben ihrer Besitzer und Informationen aus einer Turnierdatenbank, einem Leistungsniveau zugeordnet (geringe Leistung: n=182; mittlere Leistung: n=70; hohe Leistung: n=11). Geringe Leistung entspricht Freizeit- und Turnierpferde bis zur Klasse A, sowie Jungpferden. Pferde, die bis zur Klasse M* auf Turnier vorgestellt werden, im Schulbetrieb laufen oder aktiv in der Zucht sind, wurden der mittleren Leistung zugeordnet. Hohe Leistung erbringen Rennpferde, sowie Pferde die auf Turnieren ab der Klasse M** oder für eine Doppelnutzung (Sport und Zucht) eingesetzt werden.
Bei den 315 Pferden, die gastroskopisch untersucht wurden, geschah dies im Rahmen der Diagnostik aufgrund unterschiedlicher Symptome. Abhängig von der Größe der Pferde wurde ein Endoskop von zwei bis dreieinhalb Meter länge verwendet. Der Magen wurde mit Luft gefüllt, sodass die Magenfalten ausgedehnt wurden und der Magensaftsee unter die Marco Plicatus sank.
Um den Magenausgang zu betrachtet wurde an das Endoskop entlang der großen Kurvatur entlang geleitet und sodass auch der Maugenausgang gut sichtbar war. Für die Klassifizierung der Schwere der Magenbefunden wurde bei der Gastroskopie der EGUS-Score (Grad 0-4) genutzt. Was die einzelnen Grade bedeuten, erfährst du hier. Außerdem wurde zwischen Läsionen nach Lokalisation differenziert. Unterschieden wurde zwischen Reizungen der kutanen, der glandulären und der Pylorussschleimhaut.
Bei 83,2 % der gastroskopierten Pferde konnten Magenschleimhautläsionen in der Pylorusregion festgestellt werden. Die Reizungen von 98 Pferden (37,4 %) wurden als Grad 2 oder höher eingestuft.
Mithilfe einer Risikofaktoranalyse konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen steigender Leistung der Pferde und dem Aufkommen von Läsionen in der Region des Magenausganges (EGUS ≥ Grad 2) festgestellt werden (p < 0,05). Pferde, die einem geringen Leistungsniveau zugeordnet wurden, waren zu 34 % betroffen, Pferde eines mittleren Leistungsniveuas zu 44,4 % und Pferde mit einem hohen Leistungsniveau zu 72,7 %.
Zwischen dem Alter, dem Geschlecht und der Rasse konnte kein Zusammenhang zu der Prävalenz von Pylorusschleimhautläsionen erkannt werden.
Die Prävalenz von EGGD am Pylorus beläuft sich bei dieser Studie auf 37,4 % und stellt, laut Autorin, somit ein relevantes Problem dar. Die Leistung scheint ein einflussreicher Risikofaktor bei Pferden zu sein. Die Autorin erklärt sich diesen Zusammenhang wie folgt: Training, in Form von einer schnellen Gangart, hat eine intraabdominalen und intragastralen Drucksteigerung sowie ein Absinken des pH-Wertes zur Folge (Lorenzo-Figueras und Merritt, 2002). Außerdem sei es denkbar, dass Pferde unter Belastung zu einer Magenentleerungsstörung neigen und ein Reflux entstehen könne (Berschneider et al., 1999).
Je höher die Leistung war, desto wahrscheinlicher ist ein Magenbefund in der Pylorusregion. Zu berücksichtigen ist, dass bereits bei dem mittleren Leistungsniveau, vergleichbar mit dem Breitensport, Pferde signifikant häufiger erkrankten. Das Aufkommen bei Freizeitpferden sollte also nicht unterschätzt werden. Pferde aus dem Leistungssport sind mehr als doppelt so häufig von Magenschleimhautreizungen in der Pylorusregion betroffen, als Pferde, die eine geringe Leistung erbringen.
Alle Informationen dieses Textes stammen aus der Quelle:
Ehlers, K.M. (2017): Prävalenz und Risikofaktorenanalyse von Magenschleimhautläsionen im Bereich des Pylorus des Pferdes. Hier geht es zur Studie.
Quellen, die im Text angegeben wurden:
Berschneider, H.M., Blikslager, A.T., Roberts, M.C. (1999): Role of duodenal reflux in nonglandular gastric ulcer disease of the mature horse. Equine Vet J. 1999;31(S29):24-9.
Lorenzo-Figueras, M., Merritt, A.M. (2002): Effects of exercise on gastric volume and pH in the proximal portion of the stomach of horses. Am J Vet Res. 2002;63:1481-7.
Murray, M.J., Schusser, G.F., Pipers, F.S., Gross, S.J. (1996): Factors associated with gastric lesions in Thoroughbred racehorses. Equine Vet J. 1996;28:368-74.
Tamzali, Y., Marguet, C., Priymenko, N., Lyazrhi, F. (2011): Prevalence of gastric ulcer syndrome in high-level endurance horses. Equine Vet J. 2011;43:141-4.
Seit Jahrzehnten setzen sich Wissenschaftler mit Zusammenhängen zwischen Haltung, Fütterung und der Entstehung von Magengeschwüren bei Pferden auseinander.
Auf unserer Themenseite findest Du viele weitere Informationen und Links zum Thema Wissenschaft rund um das Thema Magengesundheit beim Pferd.
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