Die Temperaturen steigen, draußen wird endlich wieder alles grün - die Weidesaison steht in den Startlöchern. Die meisten Pferde standen den Winter über auf Paddocks und können es kaum abwarten, wieder auf die Weide zu kommen. Und wenn wir ehrlich sind, wir doch auch nicht, oder? Denn was gibt es schöneres, als sein Pferd zufrieden grasend inmitten seiner Kumpels auf der Weide zu sehen?!
Aber einfach morgens rausschmeißen und abends wieder zum Reiten reinholen? Ganz so einfach geht es zu Saisonbeginn nicht, denn das wäre fast wie eine komplette Ernährungsumstellung von heute auf morgen und würde deinem Pferd und seinem Verdauungstrakt nicht so richtig gut bekommen.
Wenn die Pferde im Winter ausschließlich auf Sandpaddocks gestellt wurden und Heu oder Heulage und Kraftfutter gefressen haben, sollte das Anweiden sehr vorsichtig und langsam erfolgen. Das sich hierfür besonders magere Weiden eignen ist ein Mythos. Denn das kurze Gras enthält hohe Mengen an Fruktan. Je länger die Pflanze ist, desto mehr Faser und weniger Nährstoffe enthält sie. Das ist besonders bei Pferden, die an Stoffwechselerkrankungen wie EMS, Cushing oder Rehe leiden, wichtig zu beachten.
Der Fruktangehalt des Grases ist im Frühjahr und Herbst besonders hoch. Einfluss haben Licht, Vegetationsperiode und Temperatur. Besonders bei frostigen Temperaturen unter 5°C und Sonnenschein ist das Risiko hoch, sodass reheempfindliche Pferde im Frühjahr nicht in den Morgenstunden auf die Weide gelassen werden sollten. Als Saat bieten sich fruktanarme, magere Gräsermischung an. Wie viel Zucker in einem kg Gras enthalten ist, erfährst du hier.
Der richtige Zeitpunkt zum Anweiden ist, wenn das Gras ca. 20 cm hoch gewachsen ist. Abhängig vom Wetter, ist dies meist Mitte April bis Anfang Mai. Auch die Bodenbeschaffenheit sollte beachtet werden. Hat er in der vergangen Zeit viel geregnet und der Boden ist nass und rutschig, kann sich nicht nur dein Pferd verletzten, sondern auch die Grasnarbe in Mitleidenschaft gezogen werden.
Damit die Darmflora nicht überlastet und geschädigt wird, sollte die Weidezeit mit etwa 15 Minuten täglich starten und sich über einen Zeitraum von ca. vier Wochen Schritt für Schritt erhöhen. Durch einen Futterwechsel, wie hier von überwiegend Heu auf überwiegend Gras, ändert sich die Darmflora, das heißt das Verhältnis der im Darm angesiedelten zur Verdauung notwendigen Bakterien, und dies kann bis zu vier Wochen dauern.
Bei Pferden, die einen empfindlichen Verdauungstrakt haben und schnell auf Futterumstellungen reagieren, kann es passieren, dass ein zu schnelles Anweiden dazu führen kann, dass die Darmflora sich nicht entsprechend schnell umstellen bzw. anpassen kann. Ursache hierfür ist das Fruktan im Gras, welches im Dünndarm des Pferdes nicht durch Enzyme aufgeschlossen werden kann und somit in den Dickdarm gelangen und die Darmbakterien durcheinander bringt. Als Folge bekommt das Pferd Verdauungsprobleme und reagiert mit Kotwasser, Durchfall, Blähungen oder Gaskoliken.
Den meisten Magenpatienten tut Weidegang sichtlich gut. Unter der Voraussetzung eines festen Herdenverbandes, in dem sich das Pferd wohlfühlt, ist der Stresspegel für den Großteil der Pferde auf der Weide deutlich niedriger als in der Box oder auf dem Sandpaddock. Das Grasen hat zum einen einen positiven Einfluss auf das Pferd, da es dadurch beschäftigt ist. Dies kommt dem natürlichen Verhalten des Pferdes sehr nahe, denn in der freien Wildbahn beschäftigen sich Pferde bis zu 16 Stunden am Tag mit der Futtersuche und- aufnahme.
Zum anderen produziert das Pferd durch die ständige Futteraufnahme stetig Speichel. Dieser ist einerseits zur Durchmischung des Futterbreis und andererseits zur Abpufferung der, für die Verdauung unerlässlichen, Säure im Pferdemagen notwendig. Anders als Menschen produzieren Pferde nur dann Speichel, wenn sie auch kauen bzw. Nahrung aufnehmen. Magensäure hingegen wird rund um die Uhr produziert. Das heißt, wenn die Fresspausen zu lang sind, ist nicht ausreichend Speichel zur Abpufferung der Magensäure vorhanden und der pH-Wert im Magen sinkt.
Dies kann dazu führen, dass die Magensäure den oberen, drüsenlosen Teil des Magens angreift und dadurch Magenschleimhautläsionen oder sogar Magengeschwüre entstehen. Durch Weidegang verlängern sich die Fresszeiten, wodurch mehr Speichel produziert wird. Folglich wird der Futterbrei besser durchmischt und die Säure im Magen abgepuffert. Somit wirkt sich Weidegang positiv auf die empfindliche Magenschleimhaut sowie den gesamten Verdauungstrakt des Pferdes aus.
Auf unserer Themenseite Fütterung von Pferden mit Magenproblemen findest du viele weitere Informationen rund um die Pferdefütterung.
Magenkranke Pferde benötigen zusätzliche Unterstützung. Es ist wichtig zu wissen, welche Futtermittel für dein Pferd geeignet sind und welche eher vermieden werden sollten.