Das englische Sprichwort „Some of my best friends never say a word to me“ trifft auf die Beziehung zwischen Pferd und Mensch perfekt zu. Und gerade dies hat für viele Pferdemenschen einen besonderen Reiz. Man redet nicht miteinander, aber irgendwie spricht man doch dieselbe Sprache.
Die Verbindung zwischen Mensch und Pferd ist eben eine ganz besondere. Die Signale unseres Reitpartners zu deuten, gehört für uns als verantwortungsvolle Halter zu unseren Prioritäten. Schließlich kennt kaum jemand unseren geliebten Vierbeiner so gut wie wir selbst.
Wir achten sensibel auf die Bedürfnisse und das Verhalten unseres Pferdes, um Unwohlsein und Stress frühzeitig zu erkennen und entsprechend darauf reagieren zu können. Gerade Stress ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, denn nicht jedes Pferd zeigt dies eindeutig.
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1. Was bedeutet Stress für ein Pferd und warum beschäftigen wir uns damit?
2. Positiver und negativer Stress
3. Was passiert im Körper des Pferdes, wenn es Stress hat?
4. Magengeschwüre können die Folge von Stress sein
5. Wie erkenne ich, ob mein Pferd Stress hat?
6. Unterschiedliche Symptome bei Stress
7. Wie macht sich Stress beim Pferd bemerkbar?
8. Wie vermeide ich Stress für mein Pferd in Ausnahmesituationen?
9. Kann Langeweile mein Pferd stressen?
10. Dauerhaften Stress beim Pferd vermeiden: Die fünf Freiheiten zur Analyse
In der Natur entsteht Stress beim Pferd meist bei Gefahr, in menschlicher Obhut hingegen führen eher andere Faktoren dazu, dass ein Pferd gestresst ist. Diese Stressfaktoren können ganz unterschiedlich sein: Die verschiedenen Aspekte der Haltung, des Trainings oder eine erhöhte Sensibilität des Pferdes können Stress auslösen und somit weitreichende Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Tiere haben.
Jedes Pferd reagiert individuell auf Stress, daher ist es manchmal gar nicht so leicht zu erkennen, ob unser geliebter Vierbeiner gerade zufrieden ist oder doch unter Stress steht. Wir als Reiter sind meistens jeden Tag bei unserem Pferd im Stall und wissen daher, ob unser Reitpartner lieber gemächlich durch den Wald spaziert oder im Galopp durchs Gelände prescht. Wir wissen, ob er zur Belohnung gern geknuddelt wird und wer sein bester Kumpel im Stall ist. Wir tun unser Möglichstes, damit unser Pferd sich wohlfühlt und ein stressfreies Leben führen kann.
Du und dein Pferd versteht euch ohne Worte - manchmal wäre es aber gar nicht schlecht, wenn dein Pferd sprechen und dir sagen könnte, wann und wovon es gestresst ist. Vielleicht ist es ihm manchmal gar nicht anzumerken, dass ihn etwas belastet, oder wenn doch, was der Auslöser dafür ist?
Warum beschäftigen wir uns mit dem Thema Stress?
Stress gehört neben einer nicht angemessenen Fütterung zu den Hauptauslösern einer der häufigsten Erkrankungen bei Pferden: Magengeschwüre. Hat ein Pferd Stress, wird u.a. die Verdauung verlangsamt. Dadurch sammelt sich in seinem Magen Säure an, die nicht ausreichend gepuffert wird und die empfindliche Magenschleimhaut angreifen kann. Eine detaillierte Erklärung, was genau im Pferdemagen bei Stress passiert, findest du im gleichnamigen Abschnitt weiter unten.
Zudem möchten wir Pferdebesitzer für dieses wichtige Thema sensibilisieren. Bestimmte Verhaltensweisen, die ein Pferd zeigt, sind eben keine Unart, sondern eine Reaktion auf Stress.
Ist ein Pferd z.B. angespannt, reizbar und schlägt vermehrt mit dem Schweif, hat es vielleicht nicht einfach schlechte Laune - sondern es ist gestresst. Sei es, weil das Futter nicht zur gewohnten Zeit kam, mehr Trubel in der Stallgasse herrscht oder das Training es heute etwas überfordert.
Natürlich möchte man mit seinem Reitpartner das umsetzen, was man sich erträumt. Dafür ist es aber wichtig, dass es unserem geliebten Vierbeiner gut geht, er gesund, munter und glücklich ist.
Nicht alle Formen von Stress sind schlecht, ein gewisses Maß kann sogar förderlich sein. Dieser positive Stress entsteht oft in herausfordernden Situationen, kann motivierend und anregend sein und dazu führen, dass man seine Leistungsfähigkeit steigert. Negativer Stress hingegen kann durch belastende Situationen wie Schmerz, Angst, Sorge oder Überforderung verursacht werden und das Wohlbefinden und die Gesundheit beeinträchtigen.
“Es gibt Eustress (positiver Stress) und Distress (negativer Stress)”, erklärt Dr. Veronika Klein, Fachtierärztin für Pferde, Chiropraktikerin und Trainerin, im Interview mit Equine 74®. “Der Begriff Stress ist stark negativ behaftet, dabei ist Stress an sich nichts Schlechtes. Hier gilt es genau hinzuschauen, in welchem Bereich und Ausmaß mein Pferd Stress ausgesetzt ist."
"Im Training z. B. ist ein positiver Stress nötig, um besser zu werden. Die Frage ist hier, wie gut kann sich mein Pferd wieder von dem Training (positiver Stress) erholen, sprich regenerieren. Die Pausenzeiten sollten dem Arbeitspensum angepasst werden.”
Stress schlägt Pferden nämlich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen.
Hat ein Pferd Stress, setzt sein Fluchtinstinkt ein. Es wird vermehrt das Hormon Cortisol ausgeschüttet, das dem Körper signalisiert, die zur Flucht benötigte Energie verfügbar zu machen. Dabei wird u.a. die Verdauung verlangsamt und die stetig produzierte Magensäure nicht ausreichend gepuffert.
Gleichzeitig wird die Produktion des Hormons Prostaglandin E unterbrochen. Prostaglandin E ist wichtig für die Produktion und Regeneration der Magenschleimhaut, die den Magen vor Schäden schützt.
Warum ist Stress für Pferde so gefährlich?
Durch den erhöhten Cortisolspiegel und den Mangel an Prostaglandin E kann es zu einer gestörten Balance im Magen kommen. Die Schutzfunktion der Magenschleimhaut wird beeinträchtigt, was das Risiko von Magengeschwüren erhöht. Ohne ausreichend Prostaglandin E kann die Magenschleimhaut nicht effektiv regeneriert werden, was zu Entzündungen und Schädigungen führen kann. Hält der Stress an, entwickeln sich nicht selten Magengeschwüre.
Stress begünstigt also die Entstehung von Magengeschwüren und sollte daher generell vermieden werden. Die größten Stressauslöser für Pferde liegen im Umgang mit dem Menschen sowie in der Haltung. Dies können z.B. ein ungeliebter Boxennachbar, nicht ausreichend Bewegung oder unregelmäßige Fütterungszeiten sein.
Doch auch beim Fressen selbst kann es für dein Pferd ggfs. stressig werden. Ist dein Pferd beispielsweise besonders hungrig und möchte beinahe gierig fressen, sollte es zuerst Raufutter bekommen, um eine solide Grundlage im Magen zu schaffen, bevor es evtl. Kraftfutter frisst.
Der Körper unserer Pferde ist nämlich perfekt an ein Leben auf der Weide angepasst. Rund um sich herum finden sie Futter, sie können praktisch kontinuierlich grasen und so die ständig produzierte Magensäure puffern. Doch in menschlicher Obhut gibt es einige Herausforderungen: Eine Weide ist nicht immer verfügbar, sei es auf Reisen, während des Winters oder bei schlechtem Wetter.
Es ist daher von grundlegender Bedeutung, dass immer ausreichend faserreiches Raufutter zur Verfügung steht. Zum einen, damit die ständig produzierte Magensäure mit der Verdauung beschäftigt ist und nicht plötzlich die Magenwände angreift - denn aus diesen Schädigungen der Magenschleimhaut können letztlich Magengeschwüre entstehen.
Zum anderen muss Raufutter aufgrund seiner faserreichen Struktur sorgfältig eingespeichelt werden. Dadurch gelangt mehr bicarbonathaltiger Speichel in den Magen, der wie ein Puffer auf die Säure wirkt und ihre Wirkung bremst. Zudem verbleibt Raufutter für eine Weile im Magen.
All das trifft auf Kraftfutter nicht oder nur bedingt zu. Es ist weniger strukturiert und muss daher nicht so gründlich gekaut werden, wodurch weniger Speichel als Futter in den Magen gelangt. Außerdem führt die geringere Struktur des Kraftfutters zu einem weiteren Problem: Im Magen des Pferdes bildet sich ein Klumpen, der nur schwer von der Magensäure durchdrungen werden kann.
Kraftfutter schützt den Magen also weniger effektiv vor der eigenen Säure als Raufutter. Darum sollte ein Pferd zunächst Raufutter fressen, um eine solide Grundlage zu schaffen, bevor es Kraftfutter bekommt. Die Reihenfolge Raufutter > Kraftfutter ist äußerst wichtig.
Pferde reagieren sehr unterschiedlich auf Stress. Während das eine Pferd auf Angriff geht, kann es sein, dass das andere Pferd in der gleichen Situation erstarrt oder flüchtet. Bei der Arbeit, beispielsweise unter dem Sattel oder an der Hand, ist Stress meist leichter zu erkennen, als wenn das Pferd im Stall oder auf der Weide steht.
Zum einen liegt dies daran, dass wir das Pferd dann bei uns haben und so direkt eine Wesensveränderung feststellen können, indem das Pferd angespannt und klemmig ist, ein festes Maul und hochgezogene Augen hat, sich nicht mehr so leicht reiten lässt oder permanent unter Strom steht, mit dem Schweif schlägt und bei jeder Gelegenheit kurz davor ist, zu explodieren.
Zum anderen bedarf es einer längeren und genaueren Beobachtung, um festzustellen, ob das Pferd durch sein Umfeld und seine Haltung gestresst ist, da Pferde dies nicht immer eindeutig äußern und häufig ihr Verhalten ändern, wenn sich der Besitzer nähert.
Immer wieder hört und liest man als betroffener Besitzer eines Magengeschwürpatienten, dass die Stressfaktoren beseitigt werden müssen. Problematisch wird es allerdings, wenn man nicht weiß, welches die Auslöser sind, die das Pferd stressen.
Daher sollte man sich Zeit nehmen, um herauszufinden, warum das Pferd unter Stress steht. Dass das Pferd durch seinen Boxennachbarn gestresst ist, fällt meist schnell auf, wenn es deutliches Abwehrverhalten äußert.
Es kann sich lohnen, auszuprobieren und zu testen, was dem Pferd am besten tut, jedoch sollte man nicht von Reitstall zu Reitstall wechseln, um nach dem fünften Stallwechsel in einem Jahr festzustellen, dass sich nichts ändert.
Viele Besitzer versuchen, gerade wenn es eine stressbedingte Vorbelastung gibt, ihre Pferde so natürlich und stressarm wie möglich zu halten, um Magengeschwüren vorzubeugen. Daher wird sich in solchen Fällen oftmals für Offenstallhaltung in Gruppen entschieden. Doch was macht man, wenn sich nichts am Zustand des Pferdes ändert oder er sich gar verschlimmert?
Stress beim Pferd zu erkennen, erfordert ein aufmerksames Beobachten der Verhaltensweisen, Körpersprache und körperlichen Anzeichen. Denn Pferde können eben leider nicht sprechen, um uns ihre Bedürfnisse mitzuteilen. Hinzu kommt, dass Pferde sehr individuell auf Stress reagieren.
Mögliche Anzeichen, dass ein Pferd gestresst ist:
Während Pferde in der Natur in Stresssituationen Gas geben und erst einmal das Weite suchen würden, äußern sie den Stress in menschlicher Obhut meist situationsabhängig und individuell. Sind sie angebunden, fangen sie möglicherweise an, nervös auf der Stelle herumzutänzeln, am Strick zu reißen oder sich hinzuschmeißen. Unter dem Sattel ist Rennen ein häufiges Anzeichen für Stress. Aber auch Steigen, Bocken oder häufiges Äppeln zeigen, dass das Pferd Stress hat.
Im Folgenden möchten wir euch neun mögliche Stresssituationen vorstellen:
1. Tierarztbesuch
Der bevorstehende Tierarztbesuch kann dir und deinem Pferd Stress bereiten. Selbst wenn die Tierärztin einfühlsam ist, verbinden viele Pferde den Besuch aufgrund früherer Erfahrungen (z.B. Erkrankungen, Impfen) mit Unangenehmem, was Fluchtreaktionen auslösen kann.
2. Ausritt
Ausritte sind für junge Pferde meist aufregend. So vieles ist neu: die Umgebung, man ist plötzlich allein im Gelände. Manche Jungpferde sind dann vielleicht schreckhaft, tänzeln herum oder äppeln häufig. Hier kann es helfen, ein älteres, erfahrenes Pferd als Unterstützung mitzunehmen. So gewinnt ein junges Pferd Vertrauen und ist beim nächsten Ausritt schon viel gelassener.
3. Verladen
Verladen und Anhängerfahren können für Pferde stressig sein. Enge Platzverhältnisse, Unbeweglichkeit und die ungewohnte Bewegung des Anhängers können Ängste auslösen. Eine frühzeitige und positive Gewöhnung ans Verladen ist wichtig, um Stresssituationen zu vermeiden.
4. Turnier
Turniere sind immer mit ein wenig Aufregung und Anspannung verbunden. Morgens früh aufstehen, in den Stall fahren und das Pferd fertig machen, alles einpacken und pünktlich zur Prüfung da sein. Startbereitschaft erklären, abladen, trensen und satteln und abreiten - da kann schnell mal Stress aufkommen. Hinzu kommt die Turnieratmosphäre.
Gerade, wenn Pferde noch unerfahren sind, kann dies mit einer spannigen Runde in der Prüfung enden. Daher ist es umso wichtiger, vor und in der Prüfung die Nerven zu bewahren.
5. Hufschmied
Der Termin mit dem Hufschmied ist für jedes Reitpferd, jedes Jungpferd, jede Zuchtstute, jedes Pony und jeden Beisteller unumgänglich und dennoch für manche Pferde immer wieder mit Stress verbunden. Es kommt ein fremder Mensch, berührt das Pferd an Bauch, Rücken und Beinen und arbeitet an den Hufen.
Übe vorher mit dem Pferd, um Routine zu schaffen, besonders wenn es jung ist oder schlechte Erfahrungen mit dem Hufschmied gemacht hat. Ein ruhiges und entspanntes Verhalten während des Termins ist wichtig, um mögliche Gefahren zu vermeiden.
Sei ein ruhender Pol für dein Pferd, sprich beruhigend mit ihm und belohne es, sodass es mit dem Besuch des Hufschmieds Positives verbindet.
6. Longieren
Das Longieren ist bei Pferden - genau wie bei Reitern - unterschiedlich beliebt. Während das eine Pferd beim Longieren super loslässt und sich gut arbeiten lässt, gibt es auch Pferde, die an der Longe ständig wegrennen, sich festhalten und den Rücken wegdrücken. Für diese Pferde kann das Longieren schnell stressig werden.
Um hektische Pferde effektiv an der Longe arbeiten zu können, ist Ruhe und Abwechslung notwendig. Der Longenführer in der Mitte sollte ein ruhender Pol für das Pferd sein und klare, konsequente Ansagen machen. Gerade bei nervösen, hektischen oder spannigen Pferden ist eine beruhigende Stimme sehr wirksam, wenn es darum geht, dem Pferd Sicherheit zu geben und es zu beruhigen.
7. Außentraining
Wenn die Hallensaison vorbei und das Wetter schön ist, bevorzugen viele Reiter den Außenplatz. Anders als die Halle bietet der Außenplatz wesentlich mehr Faktoren, die das Pferd ablenken können und am konzentrierten Arbeiten hindern.
Die Palette möglicher “Störfaktoren” ist vielfältig und von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Dies kann von raschelndem Laub auf den Bäumen, über Pfützen auf dem Platz, Pferden auf der Weide nebenan, bis hin zum Rasensprenger auf dem Nachbargrundstück reichen.
Wenn dein Pferd signalisiert, dass es draußen auf dem Platz Stress hat, solltest du mit Ruhe reagieren und die Ziele für das Training ggfs. anpassen.
8. Hallentraining
Wer kennt es nicht: Nach Feierabend noch schnell in den Stall und das Pferd bewegen und dann läuft das Training einfach nicht so, wie man es sich vorgestellt hat. Das Pferd ist spannig, wenig losgelassen und die Lektionen sitzen überhaupt nicht.
Dabei waren die Trainingsfortschritte in der letzten Zeit so gut! Aber heute ist dein Pferd einfach nur gestresst und die Konzentration lässt auch zu wünschen übrig.
Ist dein Pferd in der Halle so gestresst, dass ein effektives Training nicht möglich ist, solltest du auch hier das Training anpassen und die Ziele nicht zu hoch stecken.
9. Putzplatz
Hufescharren auf dem Putzplatz: Was viele Reiter als Unart bei Langeweile abtun, kann ein klares Anzeichen für Stress sein. Auf Putzplätzen herrscht meist viel Trubel: Pferde kommen, werden geputzt, gesattelt, getrenst und wieder weggeführt, dazu Reiter, die gefühlt ständig von A nach B laufen. Dass dies Pferde stressen kann, ist nicht verwunderlich.
Wenn Pferde nicht gerne angebunden sind, können sie in der Box fertig gemacht werden oder an einem ruhigeren Ort. Es ist jedoch ratsam, das ruhige Stehen auf dem Putzplatz zu üben, da dies für alle entspannter ist.
Beruhige dein Pferd, belohne es für gutes Verhalten und halte den Putz- und Sattelvorgang kurz. Achte darauf, dass du dabei keinen Stress verbreitest.
Im Alltag sollte ein entspanntes Miteinander kein Problem sein, umso wichtiger ist das aber in Ausnahmesituationen. Ein Klassiker ist wie schon beschrieben der Besuch deines Tierarztes oder die Fahrt in die Tierklinik.
Nicht nur in dieser Situation gilt: Laute Geräusche - also Schreien und Rufen - sowie hektische Bewegungen sind tabu. Bleibe im Sichtfeld deines Pferdes. Sollte das gerade nicht möglich sein, stelle sicher, dass es über deine Anwesenheit Bescheid weiß. Immer daran denken: Dein Pferd ist ein Fluchttier. Sollte es ein Geräusch oder eine Bewegung aus dem Augenwinkel als Gefahr wahrnehmen, wird es immer flüchten wollen. Dieses Verhalten sichert das eigene Überleben.
Was irgendwo in den Weiten der Prärie völlig richtig und auch kein Problem ist, kann in weitaus engeren Ställen oder gar Hängern zu Verletzungen bei Mensch und Tier führen. Und es kostet auch Zeit. Ist dein Pferd erstmal so richtig in Panik geraten, braucht es ungefähr eine halbe Stunde, um sich davon wieder zu erholen und soweit runterzukommen, dass du mit ihm weiterarbeiten kannst. Ruhig zu bleiben spart also auch Zeit.
Egal wie gut du dich während einer Fahrt zur Tierklinik um dein Pferd kümmerst, stressig ist so eine Aktion in jedem Fall, das lässt sich nicht vermeiden. Gelegentlich stressige Situationen sind aber auch kein größeres Problem.
Im Alltag kann es jedoch auch zu Situationen kommen, die über einen längeren Zeitraum Stress verursachen. Hast du Menschen in der Nachbarschaft, die du nicht so richtig gut leiden kannst? Auch unter Pferden kann es vorkommen, dass sich zwei buchstäblich nicht riechen können. Um eine permanente geruchliche Konfrontation zu verhindern, sollten sie in einer gewissen Entfernung voneinander eingestallt werden.
Manchmal geht es etwas unter, dass Bewegung nicht nur gegen Koliken hilft, sondern auch grundsätzlich gut ist. Dein Pferd kann schließlich nicht 24 Stunden die Wände der eigenen Box im Stall anstarren. Gerade diese Form einer ausweglosen Situation, in der dein Pferd unbedingt etwas tun möchte, das aber nicht möglich ist, kann aktiv Stress verursachen.
Die Grundbedürfnisse, sich ausreichend zu bewegen und Zeit mit anderen Pferden zu verbringen, sollten immer erfüllt werden. Außerdem ist deine Bedeutung als Bezugsperson auch nicht zu unterschätzen. Tatsächlich muss es dir auch gutgehen, damit du dich gut um dein Pferd kümmern und seine Eigenheiten wahrnehmen kannst. Letztlich möchte dein Pferd die Zeit mit dir auch einfach nur genießen.
Auch das ist ein Aspekt, der oftmals etwas untergeht: Als Mensch bist du kein Statist, der nur jenes zu tun oder zu lassen hat, sondern ein ganz wichtiger Teil einer Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Letztlich lässt sich Stress nur in einer guten Beziehung zueinander vermeiden - oder in Ausnahmesituationen zumindest verringern.
Machen wir an dieser Stelle einen kleinen Schnitt. Wenn du sicherstellen willst, dass es deinem Pferd gut geht, und du dich informierst, was zu tun oder auch besser zu lassen ist, bist du am Wohlergehen deines Pferdes interessiert - oder kurz: Es geht ums Tierwohl. Darüber wird seit Jahren gerade in der Landwirtschaft viel diskutiert. Es gibt viele Wege, Tierwohl zu definieren; ein bekanntes und etabliertes Konzept ist das der fünf Freiheiten - und du kannst es direkt anwenden. Sieh dir dazu einmal die nachfolgende Abbildung an: Welche Freiheit ist die für dich am wichtigsten?
Wenn wir gestresst sind, überträgt sich dieser Stress meist auch auf unsere Pferde. Es ist jedoch oft unklar, wer den Stress des anderen verursacht. Klar ist allerdings, dass sich der Stress sowohl vom Pferd auf den Menschen als auch vom Menschen auf das Pferd überträgt.
So gehen angespannte Reiter meist mit klemmigen, nicht losgelassenen Pferden einher. Und häufig ist dies ein Teufelskreis, da sich der Reiter eines gestressten Pferdes mehr und mehr verspannt und so die Anspannung auf das Pferd überträgt, was wiederum zu noch mehr Stress beim Pferd führt.
Daher sollten wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir uns im Umgang mit unseren Pferden entspannen müssen und unseren Alltagsstress nicht mit in den Stall nehmen sollten.
Manchmal müssen wir auch unsere Erwartungen an unsere Pferde etwas herunterschrauben, um wieder ein entspanntes und losgelassenes Pferd zu haben. Denn nur dann kann die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd wieder problemlos funktionieren.
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