Beim Thema Pferdefütterung stößt du immer wieder auf den Begriff "bedarfsgerechte Fütterung". Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem Synonym "bedarfsgerecht"? Kennst du den Bedarf deines Pferdes?
Eine bedarfsgerechte Ration ist Grundlage der Gesunderhaltung des Pferdes. Um ein Pferd seinem Bedarf entsprechend zu füttern, brauchst du Informationen über die einzelnen Futtermittel sowie Kenntnis über Restriktionen der Pferdefütterung.
Hier kannst du dir einen Überblick verschaffen und direkt zu den folgenden Kapiteln gelangen:
Welche Werte brauche ich für eine Rationsberechnung beim Pferd?
Was ist der Unterschied zwischen Erhaltungs- und Leistungsbedarf beim Pferd?
Kraftfutter für Pferde: Worauf ist bei der Rationsberechnung zu achten?
Wie hoch darf der Eiweißgehalt der Ration für mein Pferd sein?
Welchen Einfluss hat die Rationsgestaltung auf die Magengesundheit des Pferdes?
Für eine exakte Rationsberechnung gibt es computergestützte Kalkulationsprogramme, die dir bis aufs letzte Gramm eine an dein Pferd angepasste Ration berechnen können.
Schlussendlich kann aber kein PC dieser Welt eine schlechte Kondition oder ein verändertes Verhalten deines Pferdes erkennen. Es gilt also: Sei wachsam und behalte dein Pferd im Auge, denn oftmals kannst du so äußerliche Veränderungen deutlich schneller erkennen. Um solche Veränderungen zukünftig dokumentieren zu können, haben wir das Equine 74 Magentagebuch entwickelt. Schau gerne hier vorbei und erfahre, wie das Tagebuch aufgebaut ist und wie du es führen kannst!
Bei einer sinnvollen Rationsgestaltung ist darauf zu achten, welche Futtermittel überhaupt für dein Pferd geeignet sind, also welche keine Unverträglichkeiten bei deinem Pferd auslösen, schmackhaft sind und einen passenden Nährstoffgehalt aufweisen. Dabei ist auf eine ausreichende Deckung des Energie- und Eiweißbedarfes zu achten sowie Mineralstoffe und Vitamine einzubeziehen. Fehlt es der Ration an eben diesen, ist eine Supplementierung von Futterergänzungsmitteln notwenig, um die Ration ausgewogen zu gestalten.
Grundlage einer Rationsberechnung ist immer das Raufutter. Kann der Energie- und Nährstoffbedarf hierüber nicht gedeckt werden, sollte die Ration mithilfe anderer Futtermittel ausgeglichen bzw. ergänzt werden.
Um ein Pferd nicht mit Energie und Nährstoffen unter- oder überzuversorgen, ist immer auf die Gesamtheit der Ration zu achten. Das heißt es zählen nicht nur die Gehalte des Kraftfutters, sondern auch die des Raufutters, Grases etc.. Einfluss auf den Nährstoff- und Energiegehalt von Heu und Gras haben vor allem Düngemaßnahmen des Grünlands und Schnittzeitpunkt des Grases. Außerdem hat die Futtermittelqualität eine hohe Wichtigkeit.
Das Körpergewicht des Pferdes ist ein wichtiger Parameter bei der Nährstoffbedarfsermittlung. Das Ermitteln der Körpermasse ist auf verschiedenen Wegen möglich. Es kann geschätzt, gewogen oder berechnet werden. Hierfür kannst du dein Pferd auf einer LKW- oder einer Pferdewaage wiegen lassen. Hast du keine Waage zur Verfügung, kannst du auch mithilfe eines flexiblen Maßbandes und der "Carroll und Huntington Formel" das Gewicht deines Pferdes ausrechnen. Die Formel lautet wie folgt: (Brustumfang in cm x Brustumfang in cm x Länge in cm) / 11.877 = Gewicht deines Pferdes in Kilogramm.
Der Begriff "bedarfsgerecht" in Bezug auf die Fütterung bezieht sich unter anderem auf den Energiehaushalt des Pferdes. Energie wird dem Organismus in Form von Futter zugeführt und wird in der Einheit Mega Joule angegeben (MJ). Ein Pferd kann aber nicht alle Energie, die gefüttert wird, auch vollständig nutzen, sondern verliert Teile der Energie z.B. über den Absatz von Harn oder die Abgabe von Wärme. In der folgenden Abbildung kannst du die verschiedenen Energiestufen sehen.
Die Gesamtenergie, die dem Pferd zugeführt wird, ist die Bruttoenergie. Zieht man davon die im Kot enthaltende Energie ab, erhält man die verdauliche Energie. Der Kot ist alles, was der Körper des Pferdes nicht verdauen kann, also die unverdauliche Energie. Von der verdaulichen Energie zieht man den Harn und Methan ab und kommt somit auf die umsetzbare Energie. Dies ist die Energie, die der Körper umsetzen, also verwerten kann. Zieht man nun der Vollständigkeit halber noch die Wärmeverlust- und Fettstoffwechselenergie ab von der Umsetzbaren Energie ab, bekommt man die Nettoenergie. Da diese jedoch sehr stark schwanken kann und schwer zu bestimmen bzw. messen ist, wird in der Pferdefütterung mit der Umsetzbaren Energie gerechnet.
Der Bedarf an Energie und Nährstoffen steigt aber nicht linear mit der Körpermasse an, sodass für die Bedarfsberechnung mit dem metabolischen Körpergewicht gerechnet wird (Körpermasse mit dem Exponenten 0,75). Bei einem Warmblut mit 600 kg Körpermassen wären die metabolische Körpermasse dann 121,23 kg (600^0,75). Ein 600 kg schweres Pferd im Erhaltungsbedarf benötigt 0,52 MJ ME/kg Körpermasse^0,75, dies entspricht 63 MJ ME.
Um eine genaue Rationsberechnung vornehmen zu können, solltest du also die Energiewerte von einzelnen Futtermitteln kennen. Ein paar davon sind in der folgenden Tabelle aufgelistet.
Auf dem Sackanhänger eines Pferdefutters wirst du allerdings keine Angabe über den Energiegehalt finden, da sie dort nach Deklarationsvorschrift für Pferdefuttermittel nicht stehen dürfen.
Möchtest du nicht von Schätzwerten ausgehen und die Gehalte deiner Futtermittel genau bestimmen lassen, bietet sich eine Futtermittelanalyse an. Hierfür kannst du Futtermittel, wie Heu oder Hafer bei der LUFA (Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt) untersuchen lassen. Hier gehts zur LUFA.
Die Frischsubstanz von Futtermitteln lässt sich in viele einzelne Bestandteile aufteilen. Für eine Rationsberechnung brauchst du folgende Werte:
Anhand der Weender-Analyse lassen sich die analytischen Bestandteile extrahieren. Die Werte von Rohprotein, -fett und -faser stehen auf der Deklaration des Futtermittels. "Roh" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Stoffgruppen zusammengefasst werden, die gleiche Eigenschaften haben. Nicht deklariert sind die N-freien Extraktstoffen (Stärke, Fruktane, Zucker und lösliche Faserteile). Sie lassen sich wie folgt berechnen:
100-% Rohprotein-% Rohfaser- % Rohasche- % Rohwasser= N-freie Extraktstoffe
Den Rohaschegehalt findest du auf dem Sackanhänger, während der Rohwassergehalt die Differenz zwischen Gewicht und Trockensubstanz beschreibt. Ist für die Trockensubstanz kein Wert bekannt, kannst du mit 10 % Rohwassergehalt (Feuchtigkeit) rechnen.
Einen Einfluss auf die Rechnung hat aber nicht nur der Bruttoenergiegehalt (BE) des Futters, sondern auch die Verdaulichkeit, denn wie oben bereits erwähnt, geht über mehrere Energiestufen hinweg Energie verloren, die dem Pferdeorganisimus schlussendlich nicht für die Verwertung zur Verfügung steht.
Wir rechnen mal ein Beispiel:
Die folgenden Angaben sind vorhanden.
Die umsetzbare Energie (ME) lässt sich dementsprechend wie folgt berechnen:
% Rohnährstoffe x Bruttoenergiegehalt x % Verdaulichkeit / 10.000
Beispielwerte für ein Futtermittel:
Rechenweg:
(10x23,0x80/10.000)+(12x38,1x70/10.000)+(9x17,2x35/10.000)+(100-10-12-9-10-10)x(17,2x80/10.000)= 12,3 MJ ME / kg
Doch wie hoch ist überhaupt der Energiebedarf eines Pferdes?
Der Energiebedarf eins Pferdes ist abhängig von mehreren Faktoren, wie z.B.:
Unterschieden wird zwischen Erhaltungs- und Leistungsbedarf. Der Erhaltungsbedarf beschreibt die notwendige Energie, die ein Pferd zum Erhalt der Lebensfunktion benötigt, z.B. um seinen Stoffwechsel und die Funktion seiner Organe aufrechtzuerhalten.
Laut der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie wird für ein 600 kg schweres Warmblut in Boxenhaltung ein Energiebedarf von ca. 63 MJ berechnet. Ausgehend von einem Heu (6 MJ/ME, 86 % Trockenmassegehalt) könnte der Erhaltungsbedarf (63 MJ ME) also mit 12,22 kg Heu/Tag gedeckt werden (Rechnung: 63:6=10,51; 10,51:0,86= 12,2).
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Energiebedarf gegenüber dem Erhaltungsbedarf bei leichter Arbeit bis zu 25 %, bei mittlerer Arbeit bis zu 50 % und bei starker Belastung um über 50 % ansteigt. Eine erhöhte Leistung hat ein Pferd z.B. während des Wachstums, der Laktation oder beim Reiten.
Ein kg Hafer enthält bereits ca. 11 MJ Energie, also fast doppelt so viel wie Heu. Bei der Fütterung von 1 kg Hafer am Tag sieht die Berechnung wie folgt aus: 10 kg Heu + 1 kg Hafer = 60 MJ ME + 11 MJ ME = 71 MJ ME.
Hier fällt bereits auf, dass die Leistung ihres Pferdes von vielen Besitzern oftmals überschätzt und das Pferd somit über seinem Bedarf gefüttert wird (91 MJ ME anstatt der nötigen 63 Mj ME). Eine Überversorgung kann langfristig zu gesundheitlichen Problemen, wie Übergewicht, führen und sollte durch ein erhöhtes Bewegungspensum ausgeglichen werden.
Der Tabelle kannst du Richtwerte entnehmen, wie viel kg Rau- und Kraftfutter dein Pferd, der Leistung entsprechend, benötigt. Nur wenn ein Pferd mehr Energie benötigt, als es durch das Raufutter zugeführt bekommt, sollte Kraftfutter gefüttert werden. Als Grundlage werden mindestens 1,5 kg Raufutter/ 100 kg Körpermasse berechnet.
Energie kann dem Organismus auch in Form von Fetten zugeführt werden und wird als Alternative zu Stärke gerne verwendet. Hier gilt jedoch: Maximal 1 g Öl/kg Körpermasse pro Tag. Vorteilhaft ist eine Fütterung in mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt und ein hoher Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, da diese besonders verdaulich sind. Öl in geringen Mengen haben auch einen positiven Effekt auf die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen.
Es gibt bei der Rationsberechnung einige limitierende Faktoren, auch Restriktionen genannt. Diese Werte sollte nicht über- oder unterschritten werden. Beim Kraftfutter ist vor allem auf den Stärkegehalt der einzelnen Futtermittel zu achten. Pferde bedürfen einer hohen Stärkeverfügbarkeit im Dünndarm, auch präzäkale Verdaulichkeit genannt.
Ist diese nicht gewährleistet, kann die Stärke in den Dickdarm abfluten und wird dort von Darmbakterien fermentiert. Es kommt zu einer Akkumulation von Laktat und kurzkettigen Fettsäuren, wodurch der pH-Wert im Darm stark absinkt und eine Veränderung der Darmflora nach sich zieht. Koliken, Durchfall und Kotwasser können die Folge sein.
Während der thermischen Verarbeitungsprozesse von Getreide kann die präzäkale Verdaulichkeit erhöht werden, dies gilt besonders für Gerste und Mais.
Für eine Bedarfsberechnung wird ein Maximum von 0,3 kg Kraftfutter/ 100 kg Körpermasse pro Mahlzeit (max. 1 g Stärke/kg Körpermasse pro Mahlzeit) angegeben.
Bei einer Überversorgung mit Eiweiß wird der überschüssige Stickstoff in Form von Harnstoff über die Nieren ausgeschieden. Bei Pferden mit bekannten Leber- oder Nierenerkrankungen sollte Eiweiß sparsam in der Ration eingesetzt werden.
Es gilt: 2,5 bis maximal 3 g verdauliches Rohprotein/kg Körpermasse. Laut dem Protein-Energie-Quotionen soll pro MJ ME 5 g verdauliches Rohprotein gefüttert werden, sodass der Quotient bei 5:1 liegt.
Mineralien sind in allen Futtermittel zu finden, in manchen mehr, in manchen weniger. Auch hier ist wieder der Gesamtgehalt der Ration zu beachten. Ein Mineralfutter kann ein Defizit im Mineralhaushalt ausgleichen. Hier erfährst du, welche Mineralien dein Pferd mit Magenproblemen unterstützen können. Zu beachten ist, dass Mineralstoffe Wechselwirkungen haben, so kann eine Supplementierung mit Zink z.B. die Kupferverwertung beeinflussen. Reine Mineralzusätze sind daher nur mit Bedacht und am besten auf Anraten eines Futtermittelberaters oder Tierarztes zu verfüttern. Denn eine Überversorgung kann ebenso wie eine Unterversorgung zu gesundheitlichen Problemen beim Pferd führen.
Wichtig bei der Gestaltung der Ration ist das Verhältnis von Calcium zu Phosphor, dieses sollte bei 1,5-2:1 liegen.
Das Steppentier Pferd ist ein Dauerfresser und an energiearmes, rohfaserreiches Futter gewöhnt. Magensäure wird kontinuierlich produziert, Speichel dagegen nur während des Kauprozesses. Folglich sollte das Pferd also möglichst viel und lange kauen, um Bicarbonat, welches im Speichel enthalten ist, in den Magen weiterzuleiten, welches hier als natürlicher Magensäurepuffer dient. Frisst das Pferd nicht ausreichend viel Rohfaser oder zu große Mengen an Kraftfutter, kann dieses natürliche Gleichgewicht durcheinander geraten und im schlimmsten Fall zu einer Magenschleimhautreizung und Magengeschwüren führen.
Dies hat natürlich einen Einfluss auf die Zusammenstellung der Ration für ein Pferd mit Magenproblemen. Hier sollte noch mal mehr auf eine raufutterreiche Ration geachtet werden, als sowieso schon. Hier bekommst du weitere Fütterungstipps für Pferde mit sensiblem Magen.
Auf unserer Themenseite Fütterung von Pferden mit Magenproblemen findest du viele weitere Informationen rund um die Pferdefütterung.
Magenkranke Pferde benötigen zusätzliche Unterstützung. Es ist wichtig zu wissen, welche Futtermittel für dein Pferd geeignet sind und welche eher vermieden werden sollten.